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Hintergründiger Sprachwitz auf hohem Niveau
 
Autor: Dr. Ulrich Kriehn
erschienen im Februar 2005 im Hohenloher Tagblatt
 
Das Stuttgarter Theater der Bilder gastierte im Rathaus Wallhausen
 
 
(...) Das Stuttgarter Theater der Bilder, das bereits mehrfach in Wallhausen gastierte, hatte sich Szenen und Texte des Münchner Kabarettisten Karl Valentin und seiner Partnerin Liesl Karlstadt ausgesucht, die diese in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geschrieben und selbst in seiner Kleinkunstbühne in Schwabing vorgeführt hatte. Alleine schon diese Texte, Lieder und Monologe lohnten den Besuch: mit unheimlichen Sprachwitz und einer wahren Lust am Verwirrspiel inszenierte Valentin doppelbödige Schwänke, die ganz banale Alltagssituationen manchmal geradezu surreal ins Groteske führten. Ging es noch ganz bieder mit einem Handwerkersketch los, bei dem halt der Meister und sein Lehrjunge leichte Probleme mit dem Verlegen eines Kabels haben - wobei die artistische Kunst der Schauspielersich sich beim Kampf mit diversen Werkzeugen bereits offenbarte - so folgten Schlag auf Schlag ohne eine Sekunde Langeweile Sketche und Texte voller Virtuosität und Ironie. Ein gewaltig hergerichteter Sänger versucht, stimmgewaltig aufzutreten, und sein Lied vergessen, aber was anderswo ein billiger Flachwitz gewesen wäre, wird hier zu einer Abrechnung mit der Vieldeutigkeit von Alltagssätzen. Die Lorelei erscheint und beklagt, dass sie allmählich eine kalte Hinterseite bekommt, weil sie tausend Jahren auf dem Felsen sitzen muss, eine Schauspielerin hält einen in seiner verrückten Logik verblüffenden Vortrag über eine Theaterpflicht für jeden Bundesbürger und deren positive Auswirkung auf das Staatswesen (...).
Nach einer Pause wurden längere Szenen gespielt, bei denen man - wenn man so will - geradezu eine philosophische Tendenz feststellen konnte: die Worte und Sätze entwickelten ein Eigenleben, lösten sich vom Sprecher, so dass dieser sie nicht mehr unter seiner Gewalt hatte und im Grunde genommen ratlos und hilflos nach weiteren Worten suchte. So bei dem Sketch über ein Aquarium, bei dem der Sprecher verzweifelt, die genaue Bedeutung normaler Sätze zu erklären sucht "i wohn i dr Sendlinger Straß, na, net in dr Straß, denn des geht net, da fährt ia die Tram drüber", oder dem dramatischen Ohrfeigensketch, bei dem es um den Preis von Ohrfeigen geht. "Sie, des worn Prachtohrfeign, die kosten mehr als eine Mark" bis hin zu einem wahrhaft furiosen Schlusssketch, bei dem ein Ehepaar Theaterkarten geschenkt bekommt und sich aus jedem Satz von Mann und Frau eine Begriffsverwirrung und heftige kommunikative Störung ergibt, die logisch aufbauend sich exponentiell steigert und Chaos hervorruft, bis die beiden schließlich doch bereit sind und dann - oh Tücke des Schicksals - ihre Theaterkarten nicht mehr finden. Das war etwas, was heute in Linguistik und Sprachphilosophie Dekonstruktion genannt wird, aber so, dass es einem fast unheimlich wurde beim Zuschauen. (...)
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