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aus: Die Autorenbilder der Manessischen Liederhandschrift - Ein Ausdruck individuellen Autorenverständnisses oder rein ikonographische traditionelle Darstellung ?
 
Autor: Jochen Falk
 
Fußnoten erscheinen aus Gründen der Lesbarkeit abweichend vom Original verkürzt und im Text
 
 
(...)
 
V. Die Autorenbilder ein Ausdruck individueller Autorschaft
 
Bisher habe ich - exemplarisch -  ikonographische und individuelle Merkmale der Autorenbilder der Manessischen Liederhandschrift herausgearbeitet und hier und da schon Verknüpfungen zur Autorspezifität und zum Individuumsbegriff hergestellt. Die Ambivalenz des Themas ist hoffentlich deutlich geworden. Im folgenden möchte ich der Frage nachgehen, inwieweit die individuellen Attribute tatsächlich ein bewußtes Autorenverständnis zur Zeit der Entstehung der Handschrift untermauern.
Die Grundvoraussetzungen, die in den kommenden Überlegungen zu beachten sind, wäre zum einen das zu unserer heutigen Auffassung vollkommen andere Verständnis von Individuum, Identität und Persönlichkeit, des weiteren die Bedeutung und Selbstaussage der Begriffe Autor und Autorschaft.
Man darf von den hier vorgestellten Autorenbildern kein individuelles Porträt erwarten, in dem man den Autor wiedererkennt und ihn quasi als herauszuhebende Persönlichkeit des öffentlichen Lebens kennzeichnet. Man kann von dem Autor als solchen auch nicht erwarten, dass er sich selbst und sein Werk als überlieferungswürdig angesehne und deshalb einen Persönlichkeitskult gefördert hat, aber fehlen deshalb in den Autorenbildern jegliche Bezüge zu einer bewußten Autorschaft und zu individueller Persönlichkeit?
Unbestreitbar überwiegt die Grundkonzeption des tradierten ikonographischen Autorenbildes, wobei der Grundstockmaler der Manessischen Liederhandschrift sich jedoch die Freiheit nahm "ikonographische Muster übereinander zu schichten und alte Bildtypen und neue Bedeutungsakzente ineinanderzuflechten" (Frühmorgen-Voss: Bildtypen). Diese neuen Bedeutungsakzente können nur autorspezifisch gedeutet werden. Dem wurde entgegengehalten, dass die Variationen zum einen im Rahmen der Traditionsgebundenheit, in einer "Phantasie im Abwandeln" ((Siebert-Hotz:Minnesänger) bestehen, zum anderen erzwungen wurden, durch die Vielzahl der geforderten Abbildungen, so dass der Grundstockmaler, um Langeweile zu vermeiden, von der Tradition abweichen mußte (Koschorreck:Die Bildmotive in: Codex Manesse). Ein weiterer Einwand gegen eine autorspezifische Deutung der Autorenbilder lautet, dass durch die Modulation der Autorenbilder nicht der Dichter per se individualisiert wurde, sondern der Minnesang (Jammers: Königliches Liederbuch), der ritterliche Mensch (Siebert-Hotz: Minnesang) und der adlige Stand idealisiert wurde. So führt Gisela Siebert-Holz an "das Mittelalter kennzeichnet den Dargestellten nicht durch individuelle Züge, sondern durch eine charakteristische, traditionsgebunde Bildform und durch Attribute seines Amtes und Standes." (Siebert-Hotz: Minnesang)
Diese Argumentation widerspricht aber einer individuellen Interpretation der Autorenbilder nicht, wenn man Persönlichkeit als Interaktion des Einzelnen mit Anderen, auch in engen gesellschaftlichen Strukturen zulässt.
Schon die Verschriftlichung der Minnelieder bedeutet eine veränderte Rezeption einer eigentlich in mündlicher Tradition stehender Gattung. Die Ausstattung der Handschriften mit Autorenbilder wertet den Sänger zum Dichter auf. Aus einer "Gebrauchskunst der Laien" (Kuhn: Die Liedersammlung in Codex Manesse) wurde durch die literarische Aufzeichnung einer interessierten Öffentlichkeit, eine Sammlung von Werken und Autoren (Meier:Urheberschaft). Also nicht unbedingt der Autor der Lieder selbst war sich seiner Autorschaft bewußt, aber zumindest die Sammler der Lieder nahmen den Autor als solchen war, und so bezeugen die Bilder "die Vorstellung, die Anleger der Handschriften sich von Autor und Werk machten [...]. Es sind damit werkgebundene Autorkonkretisationen im Rahmen der Gattungsmöglichkeiten, in die jedoch realhistorische Aspekte der Werk- oder Codex-Entstehung eingehen können" (Meier: Urheberschaft)
Als letzten Aspekt möchte ich hier zu bedenken geben, dass die direkte Übersetzung von Textelementen in eine bildliche Darstellung und damit die Gleichsetzung von Textszenen mit dem Autor eine Gleichstellung des Autors mit seiner lyrischen Figur bedeutet. Dies kann nur geschehen, wenn der Autor auch als solcher durch den Rezeptienten gesehen wird.
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